15.07.2016 – 30.07.2016
Der erste Zwischenstopp erwartet mich in Hamburg. Hier wohnt mein Bester Freund, der kürzlich erst Geburtstag hatte. Ich nutze die Gelegenheit ihn mal wider zu sehen, ihm ein Geschenk mitzubringen und bleibe über Nacht.
Am folgenden Tag geht es zeitig weiter. Ich muss bis Schweden kommen, da erst dort das Jedermannsrecht, welches das Wildcampen erlaubt, gilt. Vorher steht aber noch ein Halt in Kopenhagen an. Nach einigen Staus erreiche ich die Hauptstadt Dänemarks auch am späten Nachmittag. Es ist eine schöne und gepflegte Stadt mit einigen architektonischen Schönheiten.
Leider fehlt mir aufgrund der langen Fahrt die Zeit, mich lange dort aufzuhalten. Dafür konnte ich allerdings die beiden gewaltigen Brücken genießen, welche nach und von der dänischen Insel Sjælland (dt. Seeland) führen.
In Schweden gestaltet sich die Schlafplatzsuche dann etwas schwieriger, als erwartet. Der Süden des Landes ist stark landwirtschaftlich bebaut. Dort ist das Wildcampen natürlich nicht gestattet. Aber mit etwas Glück fand ich doch noch einen netten See, an dem es sich wirklich lohnte, das Zelt aufzuschlagen.
Der folgende Tag, nachdem das Zelt wieder gut verstaut war, führte nach Göteborg. Augenscheinlich eine kleine sehr ruhige Stadt. Ihr Wahrzeichen ist ein schöner Poseidon-Brunnen.
Nach einem kleinen Rundgang geht es allerdings auch schon weiter. Bis kurz vor Oslo schaffte ich es noch. Hier an einen Badesee (Steinsrudtjern), welcher ideal war, um dort eine Nacht zu verbringen.
Ich war jetzt also in Norwegen angekommen. Zeit Oslo zu besichtigen. Neben dem Hafen und ein paar beeindruckenden Gebäuden in der Nähe, wollte ich noch zur Museumsinsel.
Konkret wartete dort auf mich die Kon-Tiki. Dabei handelt es sich um ein Segel-Floß, mit welchem der Anthropologe Thor Heyerdahl ein vorher stark belächeltes Experiment durchführte, indem er mit diesem einfachsten Mittel und einer kleinen Crew den Pazifik überquerte um zu beweisen, dass die polynesischen Inseln von Südamerika aus hätten besiedelt werden können.
Mittels Genforschung ist heute belegt, dass dies nicht der Fall war, Thor Heyerdahl ging mit dieser Reise allerdings in die Geschichtsbücher ein. Für mich ist er ein Vorbild. Ein schönes Zitat von ihm, welches ich in dem Museum fand:
„Borders? I have never seen one. But I have heard they exist in the minds of some people.“
(Grenzen? Ich habe nie eine gesehen. Aber ich habe gehört, sie existieren im Verstand einiger Menschen)
Nach dem Museumsbesuch führt der Weg weiter. Nach Westen in unbesiedeltere Gegenden. Das Wetter ist günstig und so kann ich viele Kilometer weit und noch ein paar Stunden lang die Schönheit der norwegischen Wildnis genießen.
Eine Straße ist hier die einzige menschliche Veränderung über lange Distanzen.
Das Zelt schlage ich heute auf einer Wiese oberhalb des Parkplatzes zum Kjeragbolten auf. Bei Russen, welche auch auf dieser Wiese übernachten, schaue ich mir ab, wie Felsheringe richtig einzusetzen sind.
Mit dem Parkplatz direkt am Weg zum Kjeragbolten wird viel Geld verdient. 160 Kronen (ca. 18€) lasse ich dort.
Das Wetter heute ist sehr nebelig und regnerisch. Viel zu sehen gibt es heute leider nicht. Dennoch schlage ich mich bis zum Plateau bis zum Bolzen durch. Nach 7h Wanderung erreiche ich durchnässt wieder den Parkplatz. Ein wenig enttäuscht wegen des Wetters, aber stolz, den langen Weg trotzdem durchgehalten zu haben.
Um eine Erkältung zu verhindern, wird jetzt erstmal ein Campingplatz angelaufen und ein Tag Pause eingelegt.
Empfehlung:Den Campingplatz, welcher zu Frafjord Hytteutleige gehört, ist gut gepflegt, extrem unkompliziert und sehr günstig. Außerdem wunderschöne Lage und in der Nähe des Månafossen.
Den Månafossen besuche ich auch am folgenden Pause-Tag. Ein sehr kurzer aber steiler Bergsteigeweg führt mich nach ca. 20 Minuten zu dem bekannten Wasserfall. Eine Augenweide.
Das Wetter steh am folgenden Tag ideal zum Besuch des Preikestolen, einer von Norwegens bekanntesten Sehenswürdigkeiten.
Auf dem Weg nach oben kann ich bereits die Küste und die Stadt Stavanger sehen, welche ca. 30km entfernt liegen.
Am Plateau angekommen, weht ein kräftiger Wind. Geländer gibt es hier nicht. So bekomme ich doch noch einen Blick in den Fjord, welcher am anderen und gegenüberliegenden Ende auch den Kjeragbolten beherbergt.
Nach hier nur 4h nach Start, erreiche ich wieder den Parkplatz. Ich war froh, schon zeitig (gegen 08:00) gestartet zu sein, denn am Rückweg kommen mir viele Menschen entgegen.
So hatte ich das Plateau zwar nicht für mich, aber es war doch recht wenig los für so einen idealen Tag.
Der Tag ist noch jung. Also geht es gleich weiter nach Odda, wo zum einen der Låtefossen schon wartet. Hier regnet es.
Da das hier auch für die kommenden Tage angekündigt ist, fällt die Wanderung zur Trolltunga auf dieser Reise leider aus.
Bei der Weiterfahrt nach Norden tut sich bald ein weiteres Wildnisgebiet mit vielen Wasserfällen auf, bei dem das Auto stoppt. Hier bleibt es heute Nacht. Das Zelt auch.
Und weiter geht die Reise. Ein Zwischenstopp bei einem besonders schönen See, dem Lovatnet, stimmt auf gute Laune ein.
Eine weitere einsame Straße führt zur Dalsnibba, einer Bergspitze, welche einen hervorragenden Ausblick auf den Geirangerfjord beschert.
Dieser ist auch das nächste Ziel. Ein offensichtlich beliebteres Tourismus-Gebiet.
Geiranger an den Rücklichtern lassend führt der Weg nun zur Atlantikstraße, an der heute an der Matratze gehorcht wird.
Die Atlantikstraße ist nicht besonders lang, aber sehr schön. Ich befahre sie nicht nur in einer Richtung und halte an jeder Insel.
An Trondheim vorbei führt die folgende Fahrt mit etwas längerer Dauer, als nur ein paar Stunden, denn der nächste Stopp ist erst wieder der Saltstraumen nahe Bodø.
Der Saltstraumen. Eine Engstelle zwischen Fjorden, durch welchen die Gezeiten enorm gepresst werden. Dabei entstehen Strudel von teilweise mehreren Metern Tiefe.
Zur Zeit von Springtiden ist ein Besuch sicher besonders schön. Ich selbst sah solch tiefe Strudel nicht, aber die Strömung war doch sehr beeindruckend.
Auch die Angler und Möwen waren sehr zahlreich, da an dieser Stelle viele Fische präsent sind.
Ein Blick auf die Uhr: ganz entspannt kann ich jetzt noch die nächste Fähre erreichen. Wurde eine nächtliche Überfahrt zu den Lofoten. Aber es bleibt ja hell zu der Jahreszeit.
Um ca. 05:00 morgens trifft die Fähre auf den Lofoten ein. Wahnsinniges Glück die Inseln bei nächtlicher Sonne und im Nebel zu sehen. Diesen Anblick will ich nie vergessen.
Schnell noch das Zelt aufgeschlagen, das Wetter für den kommenden Tag steht gut, denn es steht der Aufstieg auf den Reinebringen an.
Einer der schönsten Aussichtspunkte auf den Lofoten. 105 Minuten brauchte ich für den Aufstieg. Auf den letzten sehr steilen Metern brauche ich ständig Pausen. Aber es lohnt sich.
Die Fahrt führt heute auch nicht viel weiter. An einem Strand mit Campingplatz bleibe ich. Der Ort ist zu schön, um ihn schon wieder zu verlassen.
Einige Arbeitskollegen sprachen oft davon, mal nach Hammerfest zu fahren. Weil es einfach weit weg ist. Eine Zeit galt sie als die nördlichste Stadt der Welt. Bis eine nördlichere Ortschaft Norwegens Stadtstatus erhielt.
Nun war ich ganz in der Nähe und nahm den kleinen Umweg dafür mal auf mich. Man verpasst nichts, wenn man es nicht besucht. Viel zu sehen gibt es nicht. Richtig Willkommen fühlte ich mich auch nicht.
Das Nordkapp war nun so nah wie nie. Das Wetter wurde schlechter, je kürzer die Strecke zum Ziel wurde.
Am Ziel angekommen war das Wetter so Schlecht, dass praktisch nichts zu sehen war. Das war aber gar nicht schlimm, im Gegensatz zu der Enttäuschung, dass vor Ort absolut alles kommerzialisiert war.
Der Eintritt kostete pro Person über 25€. Dafür kam man ins Besucherzentrum. Ein großer Teil davon bestand aus einem Souvenirshop. Ein anderer aus einem Restaurant mit Spezialitäten des Nordens.
Diese hätte ich auch gerne gekostet. Leider war die Speisekarte auf dürftige zwei Menüs beschränkt. Auch das hätte ich mir noch gefallen lassen, wären die Preise nicht so großzügig gewesen, dass ich wenigstens mehr Auswahl erwartet hätte. Selbst für norwegische Preisniveaus.
Rentier hätte ich gerne versucht. Viele hatte ich auf dem Weg hier her bereits am Straßenrand gesehen. Übrigens sollte man in Norwegen sehr vorsichtig fahren. Schafe und Rentiere laufen überall über die Straßen. Ohne zu gucken.
Zur Auswahl stand auch Walfleisch. Neugierig wäre ich ja schon. Aber so liberal mein Fleischappetit eigentlich ist, habe ich hier wohl meine moralische Grenze gefunden. Am nördlichsten Punkt, an dem ich vielleicht jemals gewesen bin.
Am Ende der Welt habe ich eine Linie gefunden, mit der ich dort nicht gerechnet habe.
Die Reise hat ihr entferntestes Ziel erreicht. Nun war es an der Zeit nach Hause zu kehren.
Eigentlich stand in Schweden noch ein Besuch im Nationalpark Sarek auf dem Plan. Das Wetter über der Landmasse Skandinaviens wollte aber auch dort nicht mitspielen und so setzte ich Kurs auf Stockholm.
Was ich nach drei Tagen Fahrt auch erreichte. Für Stockholm habe ich mir das Skansen Freiluftmuseum empfehlen lassen. Es rühmte sich mit gelebter Kultur. Es waren einige Bauwerke auf dem Gelände zu finden, teilweise mit Schauspielern.
Und endlich nach fast 7000km sah ich auch meinen ersten Elch. Einen weiblichen. Ohne Geweih.
Von hier aus gab es auch schon einen schönen Blick auf die Stadt, die ich im Anschluss besuchte.
Es war der letzte Freitag im Monat. Und wie ich feststellte, findet jeden letzten Freitag im Monat (ein Einheimischer gab Auskunft)
in Stockholm eine Art unorganisierter spontaner Autokorso statt. Oldtimer, Motorräder, Boliden. Überall. Am Straßenrand geparkt oder aktiv im Verkehr der Innenstadt.
Das letzte Highlight auf meiner Reise.
Am Abend des folgenden Tages kam ich Zuhause an. In der letzten Nacht war kein geeigneter Schlafplatz zu finden gewesen und so fand der Schlaf einfach auf dem Sitz statt.
Der Eindruck, nun nach all der Zeit mein eigenes Zuhause wieder zu betreten war überwältigend.
Wildcamping ist nicht nur gut für den Geldbeutel. Nach einer weiten Reise, während der nie klar war, wo ich schlafe, bis ein Ort gefunden war, endlich wieder Zuhause angekommen darf ich mich der Klarheit erfreuen, welcher Luxus mir mit einem warmen Bett, einem Dach über dem Kopf und regelmäßigen Mahlzeiten eigentlich gegeben ist.
Gelohnt hat sich die Reise auch sonst in jeder Hinsicht.