Insel-Survival-Training

Sonntag

Lager

Ich hatte mir eine besondere Herausforderung gestellt. Mit einer kleinen Gruppe anderer Teilnehmer begab ich mich ins Seenland von Brandenburg. Für die Fahrt hatte ich einiges an Proviant vorbereitet, den ich in der Zeit auch restlos verputzte. Ich wusste nicht, wann und wie oft ich in den nächsten Tagen vielleicht essen konnte.

Bei unserer Ankunft an einem der Seen fanden sich die Teilnehmer auch relativ zügig zusammen. Wir hatten uns zum größten Teil schon im Vorfeld über Whatsapp kennengelernt und uns ganz grob mit Ausrüstung abgesprochen. Wir würden die kommende Woche gemeinsam auf der Insel des Sees verbringen, auf uns gestellt und mit stark begrenztem Gepäck.
Das mit dem Gepäck war ich von anderen Reisen ja schon gewohnt. Allerdings hatte ich da für gewöhnlich auch ein Dach über dem Kopf. Ich war froh, dass für die Woche sehr warmes Wetter angekündigt war.

Lager

Mich erwartete eine Woche Intensiv-Survival-Training. Mit nichts weiter als dem, was ich am Leibe trug und Regenschutz plus stark begrenztes Gewicht an frei wählbaren Gegenständen, mit denen so ziemlich alles in der Woche bestritten werden musste.

Nachdem wir auf die Insel übergesetzt wurden, begann auch schon das Abenteuer. Beginnend natürlich mit Kennenlernen der Gruppe entschieden wir uns (wir hatten relativ großen Handlungsspielraum, der von den Trainern unterstützt wurde) die verschiedenen Bedingungen unserer Situation auszuloten. Ausrüstungsüberblick, Geländeerkundung etc.

Die Entscheidung über den Standort des Lagers war nicht Einstimmig, aber doch im Einvernehmen aller. Der Aufbau nahm auch den Rest des Tages in Anspruch. Mit Planen und Leinen waren schnell überall Überdachungen zu sehen. Einige Teilnehmer hatten auch an Mückennetze gedacht. Ich selbst hatte meine Kleidung entsprechend imprägniert.

Nachdem wir festgestellt hatten, dass Wasser kein Problem darstellen würde, sammelten wir für das Abendessen einige Brennnesseln und kochten sie zu einer relativ geschmacklosen Suppe.

Auf einer Seite des Lagers befand sich eine Pferdekoppel mit Hengst plus Stute, auf der anderen Seite hörten wir ein extremes Froschkonzert und überall präsent waren Mücken. Ich war froh über jeden noch so kleinen Mückenschutz, der mir angeboten wurde und über meine Ohropax, die von nun an immer mit mir Reisen werden.

Montag

Bau Notunterkunft

Der tägliche Frühsport begann oft mit einer Einheit Selbstverteidigung. Ich bin immer interessiert an neuen Stilen. Da wir den Trainern etwas zu gut organisiert angekommen waren und unser Lager eine entsprechende Qualität aufwies, bestand die Aufgabe für diesen Tag darin, auf bestimmte Dinge zu verzichten. Dazu lernten wir auch gleich passende Techniken zum Bau von Notunterkünften.

Knoten waren ein weiteres Thema an diesem Tag. Für mich als Seemann nicht viel Neues. Insgesamt konnte ich durch meine Hobbys hier insgesamt schon viel Wissen mitbringen und im Laufe der Woche diese Fähigkeiten ausbauen und auch die ein oder andere Schwachstelle identifizieren, an der ich noch zu arbeiten haben würde. Für die Knoten sollte ein paar Tage später ein Wettbewerb stattfinden. So übten alle fleißig.

Bootsbau

Die Knoten würden wir auch für das Projekt brauchen, welches uns den Großteil der Woche begleiten würde: Floße, Boote und ähnliches, das uns wieder von der Insel runterbringen sollten. Dabei entschied ich mich für die exotischste der möglichen Bootskonstruktionen: Ein Bastboot. Dieses wurde überwiegend gebunden und genäht. Aufgrund der komplizierten Konstruktionsart des Bootes, die viel Zeit in Anspruch nehmen würde, starteten wir sehr bald mit dem Bau. Weil wir ziemlichen Hunger hatten (wir bekamen nur einmal täglich abends etwas zu Essen) stand das Ganze unter dem Projektnamen „Rouladenboot“.

Für den Abend standen verschiedene Aktivitäten zur Nahrungsbeschaffung auf dem Plan. Aus den Ergebnissen machten wir eine Art Salat, der überwiegend aus Brennnesseln und Rhabarber bestand und einige wenige Obststücke enthielt.

Die Nacht verbrachte ich in meiner selbstgebauten Notunterkunft. Ich war froh, dass das Wetter so schön war.

Dienstag

Feuerbogen

Ich hatte besser geschlafen als am Vortag, allerdings schlief ich insgesamt sehr gut und konnte mich nicht über zu wenig beklagen. Musste allerdings feststellen, dass meine Unterkunft zu blühen begann und ähnlich Pusteblumen seine Samen überall verteilte.

Nach der Selbstverteidigung gab es Freizeit und im Anschluss daran eine Lektion im Feuer machen. Zumindest im Ansatz hatte ich etwas Erfolg mit Stock und Bogen, viel besser ging es allerdings mit Feuerstahl.

Bootsbau

Den Nachmittag verbrachten wir weiter mit Bootsbau. Am Abend schloss ich mich der Kräuterwanderung an, die uns angeboten wurde. Der Tisch war gut gedeckt an diesem Abend, denn auch die Angler hatten guten Erfolg gehabt und von den Trainern bekamen wir zusätzlich noch Weinbergschnecken.

Für die Nacht entschied ich mich mit einem Großteil meines Bootsbauteams zum Schlafen unter freiem Himmel unterm Vollmond. Auf der Wiese nahe des Bootsbauplatzes ein leichtes Lüftchen, welches auch die Mücken weitgehend fernhielt.

Mittwoch

Erwachen unter freiem Himmel

An diesem Tag gab es Frühstück. 3-4 Erdbeeren und ein paar übrige Schnecken. Unser Boot nahm langsam Form~en~ an und wir wurden schneller mit den durchzuführenden Tätigkeiten. Der Hunger war allgegenwärtig. Nicht schmerzhaft, hauptsächlich schwächte er den Geist. Ich konnte kaum an etwas anderes denken als an das, was ich essen wollte.

Über den Mittag beschäftigten wir uns mit Orientierung. Karten, Kompasse und Messungen ohne Hilfsmittel. Ich kam heute auf eine Schrittlänge von 68 Schritten pro 50m, das muss ich bei Gelegenheit wiederholen um einen besseren Mittelwert zu bekommen. Kopfrechnen war mehr als mühsam ohne Zucker im Blut.

Unser Abendessen wollte an diesem Tag verdient werden. Überwiegend voll bekleidet statteten wir einem Sumpf auf der Insel einen Besuch ab. Natürlich hielten wir uns nicht nur am Rande auf, sondern wir sind in diese stehende Brühe voller Grünzeug rein gewatet und geschwommen. Wir suchten eine deponierte Kiste. Mit ihrem Inhalt gab es dann Tsampa aus Gerste, Biscin und Zucker.

Donnerstag

Bootsbau

Das Vernähen der Einzelteile des Boots schritt nur langsam voran. Im Anschluss bekamen wir eine Aufgabe, bei der wir gute Gruppendynamik und Anwendung der Knoten unter beweis stellen mussten: Überqueren eines Gewässers mittels einer Seilbrücke samt einem fiktiv Verletzten und aller Ausrüstung. Machte riesig Spass.

Den Nachmittag verbrachten wir mit Wasserkunde, bei der wir verschiedene Indikatoren (vor allem kleine Lebewesen) von Trinkwasser kennen lernten..

Bootsbau

Nach einer weiteren Sitzung beim Bootsbau sollte am Abend geschlachtet werden. Für die Veganerin unter uns wurde selbstverständlich eine Ausnahme gemacht. Drei Hühner standen uns insgesamt zur Verfügung, an dem Ersten wurde von den Trainern demonstriert, wie es gemacht wurde. Ich entschied mich dazu, eines der beiden anderen zu köpfen, da dies für mich persönlich wohl eine der schwierigsten Aufgaben und sehr wichtig für mich als Nicht-Vegetarier sein würde. Seither weiss ich mein Essen deutlich besser zu schätzen.

Zudem ermittelten wir den Sieger aus dem Knotenwettbewerb, der während des Bootsbaus stattfand. Ich war stolzer Gewinner mit der kürzesten Zeit für alle gelernten Knoten.
Das Ausnehmen und rupfen der geschlachteten Hühner ging dann zügig voran, doch es dauerte lange, bis sie endlich gekocht waren und es war fast Mitternacht, als wir endlich etwas in die Bäuche bekamen.

Freitag

Inselumrundung

Nach unserer Selbstverteidigungseinheit wollten wir heute die Insel einmal umschwimmen. Das dauerte lange und ich dachte nicht, dass ich das schaffen würde, doch das Training der letzten Monate zahlte sich aus. Auch durch das flache Wasser, das psychisch dafür sehr wertvoll war, kam ich mit allen anderen wieder dort an, wo wir gestartet waren.

Unser Boot bekam heute letzte Schliffe. Allerdings zogen Gewitterwolken auf und versammelt am (überschirmten) Lagerfeuer prasselte eine halbe Stunde lang eine Sturzflut auf uns herab. Die Trainer hatten auf dieses Wetter gewartet und hielten eine letzte Aufgabe für uns bereit. Ich fürchtete mich. Doch als sie uns den Kasten Bier enthüllten, der diese Aufgabe darstellte hob das die Laune erneut. Wir tanzten nackt im Regen und nahme Rache an dem Hengst, der seinerseits schon die ganze Woche mit seinem Gemächt vor uns her wedelte.

Samstag

Überfahrt

Tag der Abreise. Ein letztes Boot bekam letzte Überarbeitungen, bei denen ich unterstützte, während dessen wurde das Lager grob abgebaut. Kurz darauf stachen wir in See. Naja, zumindest in den See. Die Roulada (das Rouladenboot) ließ sich schlecht steuern, doch es trug zwei Personen. Die beiden anderen fuhren auf einem großen Floß mit. Um Zeit zu sparen, hingen wir uns dort auch mit dran. Ich machte aus einem Regenmantel und einem Paddel ein Rahsegel, denn der Wind stand besonders günstig.

Abschiedsessen

Endlich kamen wir wieder in der Zivilisation an. Wir nahmen schweren Herzens die Boote wieder auseinander, während der Leiter unseres Abenteuers sich zu einem nahen Supermarkt aufmachte. Wir putzen Restlos alles weg.

Allerdings war das Abenteuer an dieser stelle noch nicht vorbei, denn auf dem Heimweg hatten wir eine Autopanne. Einer unserer Fahrgemeinschaft war allerdings selbst ADAC-Mitarbeiter und managte unsere weiterreise so gut, dass wir kaum 3h verloren, einschließlich abschleppen und Ersatzwagen organisieren und abholen.

Fazit

Ein so schönes Erlebnis war nur mit einer Gruppe möglich, bei der es keine Ausreißer gab. Wirklich jeder war auf die Gruppendynamik bedacht und alle unterstützten sich gegenseitig.
Das Wetter tat sein übriges, um uns nicht noch weiter zu strapazieren.

Als überraschend wichtigen Gegenstand lernte ich Rettungsdecken kennen. Ich hatte zwar drei davon auf Verdacht bei mir, dachte jedoch nicht, dass diese mir so viel Wärme in den Nächten unter freiem Himmel spenden können. Der leichte Wasserfilter war wie erwartet Gold wert, ebenso wie die ultraleichte Titan-Ausstattung. Eine Hängematte mit Mückennetz wäre wünschenswert gewesen.

Insgesamt war dies eine Erfahrung, die ich nicht vermissen möchte und es ist sehr wahrscheinlich, dass ich das ein oder andere weitere Szenario noch mit Earthtrail erlebe.